Die Grube Wolf
Als einer der bedeutendsten Erzgänge des Siegerlandes durchquerte der Florz-Füsseberger Gangzug Herdorf.
Über 4,5 Kilometer erstreckte er sich von der nordrhein-westfälischen Landesgrenze in südwestlicher Richtung bis in den Daadener Ortsteil Biersdorf .
Ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum 31. März 1965 förderte man hier in den ursprünglich selbständigen Gruben, die später eine große Verbundgrube bildeten, rd. 25 Mio to Erz.. Am nördlichen Ende des Gangzuges lag die Grube Wolf.
Bergbauliche Aktivitäten werden für diesen Bereich bereits in einer Beschreibung aus dem Jahre 1741 erwähnt, die sich aber noch auf den übertägigen Abbau der Erze bezogen. Zahllose Pingen in alten Grubenkarten belegen dies. Die Anfänge der eigentlichen Grube Wolf dürften auf das Jahr 1834 zu datieren sein, wo eine Belehnung erteilt und in der Folgezeit ein erster Stollen vorgetrieben wurde, über den das Erz ausgebracht wurde. Erst relativ spät im Vergleich zu anderen Gruben beginnt man 1890 mit dem maschinellen Tiefbau und steigerte dadurch die Produktion deutlich. Das Roherz wurde vor Ort aufbereitet und geröstet.
Nachdem der Eigentümer in finanzielle Schwierigkeiten geriet, wurde die Grube 1916 an die Firma Krupp verkauft, die damals schon zahlreiche andere Gruben im Siegerland besaß. Das Bergwerk wurde umfassend modernisiert und mit einer neuen Dampfkesselanlage sowie neuen Röstöfen leistungsfähiger gemacht. War das Röstgut früher mit Pferdefuhrwerken abgefahren worden, gelangte es ab 1916 über einen Bremsberg zu der im Tal gelegenen Eisenbahnlinie.
Im Zuge der sich immer mehr verschlechternden wirtschaftlichen Lage kam es in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg zu Absatzschwierigkeiten, die schließlich am 31. Januar 1925 zu einer Stilllegung der Grube führten. Der Schacht hatte in dieser Betriebsphase eine Teufe von 300 m erreicht. Bei einer Belegschaft von zuletzt 200 Personen war bis dahin eine Gesamtfördermenge von knapp 750.000 to erzielt worden.
Mit den aufkommenden Rüstungsplänen der Nationalsozialisten vor dem Zweiten Weltkrieg waren auch die Siegerländer Erze wieder gefragt. 1936 entschloss man sich bei Krupp, den Bergbaubetrieb auf der Grube Wolf wieder aufzunehmen. Ein 38 m hohes Fördergerüst wurde durch die Freiengrunder Eisenwerke erstellt, Förder- und Pumpentechnik modernisiert, ein neues Zechenhaus errichtet und der Schacht über die gesamte Teufe mit einem 50 cm starken Ziegelmauerwerk ausgebaut. Aufbereitung und Röstung erfolgten nun aber nicht mehr vor Ort, sie wurden zur neu eingerichteten zentralen Aufbereitungs- und Röstanlage Füsseberg verlagert.
Krupp war zu diesem Zeitpunkt schon seit einigen Jahrzehnten im Besitz der Gruben Füsseberg mit Glaskopf und Friedrich Wilhelm mit Einigkeit. Aus wirtschaftlichen Erwägungen waren diese Gruben schon 1934 zu einer Betriebseinheit zusammengefasst und unter Tage verbunden worden. Der Plan, alle Gruben auf dem Florz-Füsseberger Gangzug zu einer Einheit zusammenzufassen, scheiterte aber am Widerstand der Friedrichshütte AG, die Eigentümerin der Grube San Fernando war. Um das Erz von der Grube Wolf zur zentralen Aufbereitung der Grube Füsseberg zu transportieren, wurde daher 1936/37 eine über 3 km lange Drahtseilbahn gebaut. Sie war auf eine Stundenleistung von 40 to ausgelegt, jeder Wagen fasste ca. 1 to und benötigte für die einfache Strecke rd. 25 min.
Die Inbetriebnahme der nun auf modernstem Stand befindlichen Grube fand im Juni 1937 unter Anwesenheit der Familie Krupp statt. Die neue Betriebsphase dauerte aber nur acht Jahre. Bei Kriegsende 1945 wurde die Grube erneut stillgelegt. Sie hatte bis dahin die 550 m-Sohle erreicht und rd. weitere 500.000 to Erz gefördert.
Mit der Stilllegung der Grube wurde auch die Wasserhaltung eingestellt, so dass die tiefen Sohlen geflutet wurden. Die erwartete vollständige Überflutung des Grubengebäudes blieb aber aus. Über Klüfte und Gangspalten gelangte das Wasser zur benachbarten Grube San Fernando, auf der nach einer kriegsbedingten Unterbrechung 1946 der Bergbau wieder aufgenommen worden war. Dort nahmen auf den unteren Sohlen die Wasserzuflüsse so stark zu, dass die Abbauarbeiten erheblich beeinträchtigt wurden. Die Friedrichshütte AG verständigte sich mit Krupp darüber, die Wasserhaltung der Grube Wolf zu übernehmen, so dass die Zuflüsse auf San Fernando wieder deutlich abnahmen.
Schon 1950, als sich eine Neuordnung und der Zusammenschluss des Siegerländer Erzbergbaues unter dem Einfluss der alliierten Siegermächte abzeichnete, vereinbarten Krupp und die Friedrichshütte, die Erzvorräte der Grube Wolf nun über das Feld San Fernando abzubauen.
Die 600 m-Sohle San Fernando wurde mit dem Schacht Wolf verbunden; auch auf anderen Sohlen erfolgten später weitere Verbindungen. Die Erzbergbau Siegerland AG übernahm bei ihrer Gründung im März 1953 alle Gruben des Siegerlandes in ihr Eigentum. San Fernando und Wolf wurden nun als Verbundbetrieb weitergeführt. Während die Förderung schon über den Schacht San Fernando erfolgte, fuhren die Bergleute bis 1958 noch auf der Grube Wolf ein, danach wurde die Schachtanlage stillgelegt.
Da der Erzabbau auf der Grube San Fernando schon bis zur 830 m-Sohle fortgeschritten war, wurde der weitere Betrieb dort zurückgestellt und der Förderschwerpunkt in das alte Grubenfeld Wolf, das lediglich bis zur 550 m-Sohle abgebaut war, verlagert. Durch den immer stärker werdenden Konkurrenzkampf mit ausländischen Erzen konnte dann auch die Verbundgrube San Fernando-Wolf ihren Betrieb nur noch bis zum 14.04.1962 aufrecht erhalten. Auch danach wurde noch für kurze Zeit der Abbau im Grubenfeld Wolf über den Verbund Füsseberg – Friedrich Wihelm fortgesetzt, bis der Siegerländer Erzbergbau zum 31. März 1965 endgültig erlosch.
Nach Schließung der Grube bemühte sich ein Verein aus Bergbaufreunden um den Erhalt des Förderturms. Leider konnte er die nötigen finanziellen Mittel für die Unterhaltung nicht aufbringen, so dass der Förderturm im Jahre 1975 abgebrochen wurde. Das Gelände wird heute gewerblich genutzt. Nur eine später aufgestellte Seilscheibe des Fördergerüstes erinnert hier auf einem Parkplatz an die bergbauliche Vergangenheit.
Literatur:
Fenchel, W., Gies, H., Gleichmann, H.-D., Reichenbach, R., u.a. (1985) Sammelwerk Deutsche Eisenerzlagerstätten, Die Sideriterzgänge im Siegerland-Wied-Distrikt, Geologisches Jahrbuch Reihe D Heft 77, Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart
Gleichmann H.-D, (1994) Der Füsseberg, Verlag Höpner und Göttert, Siegen